Confinement
15. Oktober – 18. Dezember 2020
ETH Zürich, Hönggerberg
Confinement ist eine kollaborative Ausstellung, die sowohl online bei e-flux Architecture als auch vor Ort an der ETH Zürich stattfindet, und von gta Ausstellungen (Fredi Fischli, Simona Mele, Niels Olsen, Irma Radoncic, Meghan Rolvien, Sara Sherif und Jeremy Waterfield) und e-flux Architecture (Nick Axel und Nikolaus Hirsch) kuratiert wird. Die Ausstellung umfasst Beiträge von 2A+P/A, David Adjaye, Chino Amobi, Aristide Antonas, Armature Globale, Alessandro Bava und Lydia Ourahmane, Inside Outside / Petra Blaisse, Andrea Branzi, Rebecca Choi und Roland Bedford, Design Earth, Dogma, Pezo von Ellrichshausen, Joana de la Fontaine, Manuel Gnam, Itsuko Hasegawa, Trix & Robert Haussmann, Samia Henni, Andres L. Hernandez, Momoyo Kaijima, Michel Kessler, Semuel Lala, Léopold Lambert und Roanne Moodley, William Leavitt, MAIO, Catherine Malabou, MILLIØNS, Freek Persyn, Pedro Pitarch, Space Popular, sub und Celeste Burlina, Emmanuel Pratt, Smiljan Radic, Jack Self, Traumnovelle, Sumayya Vally, Jan de Vylder und Inge Vinck, Jakob Walter, Eyal Weizman, SITE - James Wines, Ilze Wolff, Lydia Xynogala, Alberto Lule, Savannah Ramirez, Rosie Rios, Nathaniel Whitfield und andere.
Die Ausstellung ist das Ergebnis einer offenen, kollektiven Diskussion, die Anfang 2020 begann und sich mit der Frage beschäftigte, wie die gegenwärtigen Lebensbedingungen zu verstehen sind und welche Auswirkungen sie auf die Disziplin der Architektur haben könnten. Wir haben beobachtet, wie sich die klassischen Techniken der Gefangenschaft dramatisch ausgeweitet haben, wobei ihre Unterdrückungsmechanismen auf historischen Formen institutioneller Gewalt aufbauen. Vom Virus über den Raum, den Bildschirm bis hin zur Stadtverwaltung schaffen die heutigen sozialen Distanzen neue Verhaltensweisen. Wir reflektierten über das archaische Medienformat der Zeichnung und ihr Potenzial, die gegenwärtige Umgebung und ihre sich rasch verändernden Bedingungen nachzuzeichnen und auszudrücken. Paradoxerweise ist die Zeichnung aufgrund ihrer zunehmenden Bindung an Bildschirme wiederbelebt worden. Die Flachheit des Papiers passt sich an jedes beliebige digitale Gerät an, aber nicht ohne Anstrengungen und Möglichkeiten der Übersetzung. Die Beiträge gestalten gemeinsam eine skriptartige und sich gegenseitig ergänzende Ausstellung. Zum Auftakt dieses diskursiven Forums luden wir Samia Henni, Assistenzprofessorin am Department of Architecture der Cornell University, College of Architecture, Art and Planning, und Wissenschaftlerin mit Forschungsschwerpunkt architektonische Gewalt, ein, über den Titel des Projekts nachzudenken:
Gefangenschaft, Einsperrung, Gewahrsam, Festnahme, Haft, Hausarrest, Freiheitsentzug, Einschließung, Einmauerung, Einkerkerung, Inhaftierung, Internierung, Isolierung, Quarantäne, Einschränkung oder Absonderung sind alles mögliche Synonyme für den Begriff "Gefangenschaft", der sowohl den Akt des Einsperrens als auch den Zustand des Eingesperrtseins umfasst. In Einzelhaft oder im Gefängnis zu sein, ob auf Lebenszeit oder nicht, ist jedoch nicht dasselbe wie in einer vorübergehenden Quarantäne, wo auch immer diese sein mag. Der Begriff Gefangenschaft wurde auch verwendet, um den Zustand von Frauen bei der Entbindung zu Hause oder im Krankenhaus zu beschreiben. Etymologisch leitet sich der Begriff vom altfranzösischen Wort confinacion aus dem 16. Jahrhundert ab, das von dem Begriff confiner, d.h. "eingrenzen, einsperren, umschliessen" abstammt und höchstwahrscheinlich aus dem mittelalterlichen lateinischen Begriff confinare hervorgeht, was "angrenzen, Grenzen setzen, sich in Grenzen halten" bedeutet.
Vor einigen Monaten haben die französische Regierung und die Medien dem Begriff eine weitere Bedeutung hinzugefügt. Am 16. März 2020 wandte sich der französische Präsident Emmanuel Macron an die Nation und kündigte neue Maßnahmen an, um die Ausbreitung von Covid-19 in Frankreich zu verlangsamen. Macron erklärte, dass "ab morgen Mittag und für mindestens fünfzehn Tage unsere Reisetätigkeit stark eingeschränkt werden wird". Diese Einschränkungen müssten "überall in Frankreich, im französischen Festland und in Übersee" respektiert werden, und "jeder Verstoß gegen diese Regeln wird bestraft werden". Populär geworden durch den Ausdruck "Einsperrung der Bevölkerung", dauerte dieses obligatorische und sanktionierbare Reiseverbot bis zum 11. Mai 2020 und wurde von anderen Ländern, einschließlich der ehemaligen Kolonien Frankreichs, weiter angewendet und in andere Sprachen übersetzt.
Eine Ausstellung mit dem Titel Confinement im Jahr 2020 suggeriert nicht nur den Akt des Einsperrens von Einzelpersonen oder Massen, sondern auch den Zustand und Status des Eingesperrtseins in einer Zelle, einem Raum, einer Zuflucht, einer selbst gebauten Unterkunft, einem Asyl, einem Lager, einer Wohnung, einem Haus, einer Villa oder einem Palast. Die Erfahrung, die man mit der Tatsache des Eingesperrtseins machen kann, hängt nicht nur von der Ursache und dem Raum des Einsperrens ab, sondern auch von Fragen der Fähigkeit, des Alters, der Klasse, des Geschlechts, der Sexualität, der Rasse und anderen intrinsischen Fragen im Zusammenhang mit dem Zustand und dem Status des Eingesperrten. Darüber hinaus gefährdete die Verhängung von Eingrenzungen für die gesamte Bevölkerung einer Nation die nicht untergebrachten Menschen nur noch mehr, da sie ihr Grundrecht auf ein Leben auf den Straßen dieser sehr begrenzten Nation verloren.
Während die Darstellung des Eingesperrtseins nicht losgelöst von der Art der Erfahrung – wenn überhaupt – des Eingesperrtseins ist, kann und darf die Darstellung des Eingesperrtseins nicht mit der Erfahrung – wenn überhaupt – des Eingesperrtseins übereinstimmen. Es geht in der Tat darum, "sich in Grenzen zu halten".
– Aus dem Englischen übersetzt von Lisa Boos
Dieses Projekt wird von der Adrian Weiss Stiftung und der ETH Zürich Foundation unterstützt.
Fotos: Nelly Rodriguez