Silvia Federici. Über Gossip, Hexen und Textilindustrie
Veranstalter: gta Ausstellungen
Datum: Montag, 28. August 2023
Zeit: 19.30 Uhr
Ort: Anna Göldi Museum, Ennenda
Mit „Gossip“ assoziieren wir meist klischeehaftes Tratschen und tratschende Frauen, die „Gerüchteküche“. Wir denken an Truman Capotes Skandaltext La Côte Basque 1965, an die Serie „Gossip Girl“, Klatschpresse, an Megan & Kate oder an Hollywood. Heutzutage gilt Klatsch als giftig, als „Schuldvergnügen“ und als Skandal. Allerdings hatte Gossip nicht immer diese negative Konnotation. Bezog man sich zunächst auf Gespräche zwischen Frauen, die vor allem den Zusammenhalt und die Gemeinschaftsbildung förderten, änderte sich seine Bedeutung mit dem Aufkommen der Moderne. Gossip ist ein Konzept, das über die Zeit hinausgeht und verschiedene historische und politische Konnotationen hat. Manchen mag es vorkommen, dass Klatsch banal ist, aber seine Banalität ist auf seine Art „mächtig“. Es bildet ein ephemeres Netzwerk, das unterschiedlich gedehnt werden kann und nie vollständig greifbar ist. Klatsch ist nicht nur ein einfaches Mittel der mündlichen Kommunikation, sondern umfasst eine spekulative Denklogik. Klatsch ist ein performatives Mittel zur Transformation der eigenen Beziehung zu sich selbst und seinen Intimitäten durch die Verbreitung eigener Spekulationen und der Spekulationen anderer.
Die Theoretikerin Silvia Federici schreibt in ihrem Buch Witch, Witch-Hunting, and Women über die Ursprünge des Gossips. Die abwertende Bedeutung des Begriffs „Frauenfreundschaft“ diente oft dazu, die weibliche Sozialität zu zerstören, die im Mittelalter vorherrschte, als die meisten Aktivitäten von Frauen kollektiver Natur waren und Frauen, zumindest in den unteren Schichten, eine feste Gemeinschaft bildeten. Für viele blieb Klatsch ein notwendiges Werkzeug, um die Geschichte der Vergessenen, der Verschwundenen als Geschichten und Imaginationen von Gegennarrativen gegen heteronormative Standards weiterleben zu lassen.
Gemeinsam mit Silvia Federici sprechen wir im Anna Göldi Museum über Klatsch, die letzte verurteilte Hexe Europas und die Zusammenhänge von Kapitalismus, industrieller Textilproduktion und Hexenverfolgung. Wir schaffen Bezüge zur aktuellen Ausstellung Bunte Tücher, geteilte Geschichte – auf den Spuren von König Baumwolle. Diese thematisiert die Baumwolle als unverzichtbaren Rohstoff, für den es bereits zu Anna Göldis Lebzeiten eine weltweit zunehmende Nachfrage gab und die wirtschaftliche und politische Macht, die mit der Baumwollproduktion schon bald einherging. Heute steht King Cotton für die Textilindustrie schlechthin, die eng mit der Entstehung des globalen Kapitalismus verbunden ist und auch im Glarnerland Spuren hinterlassen hat.
Zusammenarbeit zwischen: Theater Neumarkt, Women Writing Architecture, Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta), ETH Zürich, und Anna Göldi Museum
Moderation: Tine Milz, Geraldine Tedder und Helen Thomas
Begrüssung: Ursula Helg
Eintritt: Pay what you can
Tickets via Theater Neumarkt Webshop
Uhrzeit: 19.30 Uhr
Ort: Anna Göldi Museum
Fabrikstrasse 9
8755 Ennenda